Vortrag am 5. Juli von Prof. Dr. Arbogast Schmitt (Marburg): Das Fremde verstehen. Was wir von Homer lernen können

Homers Epen enthalten für den heutigen Leser viel Fremdes. Diese Fremde springt deutlich in die Augen, und es ist auch von der Forschung lange Zeit bevorzugt gesammelt und erklärt worden. Es gibt daneben aber vieles, das uns wohlvertraut ist: Wie hier Kriege aus egoistischen Gründen geführt werden, wie der Streit im Lager der Angreifer auf ganz persönliche (Vor-)Lieben zurückgeht, oder wie zwei einander kongenial vertraute Liebende über alle Vernunft hinweg auf einander warten, usw. Der Vortrag möchte nicht Vertrautes gegen Fremdes ausspielen, sondern das Vertraute zum Anlass nehmen, um zu prüfen, ob wir uns nicht auch das Fremde zu einem guten Teil vertraut machen können, indem wir uns nicht selbst zum Maßstab nehmen, sondern im Fremden das zu ermitteln versuchen, was auch wir noch verstehen können und durch das wir unsere eigenen Maßstäbe vielleicht sogar erweitern können. Angesichts der vielen fremden Kulturen, mit denen wir uns heute auseinandersetzen müssen, bietet uns die eigene fremd gewordene Vergangenheit eine gute Einübung, Fremdem nicht nur mit Toleranz, sondern mit der Bereitschaft, von ihm zu ernen, zu begegnen.


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